Zugaben (1)

Anstatt viele Worte für diese Einleitung zu verwenden möchte ich diesmal direkt zum Thema kommen. Anfang 1982 fand in der Uni-Mensa Nassestraße ein Winterfest statt bei dem auch die junge Bonner Band Geistige Verunreinigung auftrat. Das war zwar nicht das erste Konzert der Band, aber durch jenes rückte sie erstmalig ins Bewusstsein der meisten Bonner Punks. Der Bonner Perspektiven-Herausgeber Samson schrieb darüber folgenden Artikel in der dritten Ausgabe seines Zines:

23.01.1982

Bonn Uni-Winterfest Mensa Nassestraße

Seit um die 17 Uhr rum versuchten wir auf irgendwelchen Schleichwegen in die Uni zu gelangen. Wir versuchten alles: Tiefgarage, Schacht, Fenster, Zaun, aber nix hat geklappt. Dann meinte einer der (Un)Ordner zu uns, dass wir zum vorderen Eingang sollten und irgend so ner Alten schöne Grüße vom Walter ausrichten sollen, und dass sie uns rein lässt (per Nulltarif, versteht sich). Als wir dann endlich drin warn sind wir in die Garderobenhalle wo Stille  Hoffnung Stille Hoffnung  – ‎ Auf! In die Zukunft und Geistige Verunreinigung spielen sollten. Irgendwann nach 8 fingen sie dann an. Es ist wohl bekannt, dass Stille  Hoffnung sehr fehlfarbenähnlich sind (spielen ja auch Stücke von denen und deshalb gefiel es auch den meisten - mir nicht besonders), denn der halbe Saal war am rumflippen. Sonst ist zu der Gruppe nicht viel zu sagen (der Lisardo hat ja schon genug über die geschrieben!). Nach ner tierisch langen Pause fingen dann Geistige Verunreinigung an. Da über diese Gruppe noch so gut wie nix geschrieben wurde, werde ich auf Geistige Verunreinigung mehr eingehen. Also, Geistige Verunreinigung gibts ein Jahr, in der jetzigen Besetzung seit Herbst 81.Die Gruppe an sich besteht allerdings schon ungefähr ein Jahr und der Name hat sich schon tierisch oft geändert (Amtsgericht, Dead Cancerous, Kollaps usw.) bis sie jetzt bei Geistige Verunreinigung geblieben sind. Kollaps haben jetzt auch schon ein paar Auftritte hinter sich. Also jetzt wieder zum Konzert. Geistige Verunreinigung haben ungefähr 30 Minuten gespielt. Beim 1. Stück Geigerzähler hüpfte fast noch keiner, aber als als 2. Deutsche Wirtschaft kam tobte der Saal (also Pogo-Total). Übrigens haben jetzt Geistige Verunreinigung ihr zweites Tape raus und zwar mit ihren gesamten Stücken. Auf dieser Cassette spielen sie einiges schneller als auf der ersten was zu des Käufers Gunsten ist. Und dat Tape gibt es im Normal gegen eine Schutzgebühr von 4 oder 5 DM. Nach Geistige Verunreinigung wollten noch einige Leute unbedingt sehen und deshalb ließen sich Volker, Junk-Punk und Rainer (Tommi Travolta war nicht da) dazu herab einen Mini-Gig zu starten. Nun ja berauschend wars gerade nicht. Den Bass hörte man überhaupt nicht, Gesang nur minimal weil alles von Gitarre und Schlagzeug übertönt wurde. Sie haben auch net lang gespielt (3 Stücke oder so), aber ne halbe Stunde später lief der -Film in irgend nem Hörsaal. Das war dann das zweite Mal, dass ich den gesehen habe, aber der zieht immer wieder rein. Zum Inhalt des Films: Persil und vor allem MC Donalds werden auf die Schippe genommen. Außer dem -Film liefen noch einige Underground-Filme die auch optimal waren. Zum Inhalt dieser Filme: Ein Film hieß I can´ t get no Satisfaction und handelte davon wie sich ein totaler Chaot in rotem Unterrock mit schwarzen Spitzen einen runterholte. In einem anderen hatte sich einer verwelkte Kastanienblätter in die Fresse geklebt und meinte er hätte die Blattern und fütterte seinen Köter mit Sahnetorte. Und noch einer der in seinem Garten in Seppelhose und Gamsbart auf dem Rücken liegend rumhüpfte. Als dann die Filme alle zu Ende waren sind wir in den Unihof wo gerade Ritchi, Marcus, Ingo etc. aus Colonia zurückkamen. Sind dann noch in den Garderobensaal wo sone seltsame Pseudogruppe mit Namen Fred Banana Combo spielte die mir überhaupt nicht gefiel (Labermeia: Bereits 1978 im Umfeld der damaligen Düsseldorfer Punkszene gegründete Band) und bin dann irgendwann in der darauffolgenden Zeit mit dem Fräulein Flach gen Busbahnhof gegangen, wo ich dann noch son paar komische Alten gefragt habe ob sie Schollen oder Schleien sind.

Geistige Verunreinigung waren nicht wie so viele andere Bonner Punkbands der Achtziger ein nur wenige Jahre aktives Bandprojekt, sondern machten immer weiter und wurden eine der am längsten aktiven Punkbands aus Bonn. Meines Wissens nach existierte sie bis Anfang dieses Jahrtausends, also fast zwei Jahrzehnte lang. Im Laufe der Jahre waren Geistige Verunreinigung auf verschiedenen Samplern vertreten, brachten auch eigene Tonträger heraus. Eine komplette Discographie der Band findet ihr hier. Leider habe ich keine Bilder dieses Auftrittes zur Verfügung. Wer sich trotzdem gerne Fotos der Band anschauen möchte sollte den folgenden mal bei Geistige Verunreinigung Bonn 1992 schauen. In diesem Ordner sind vier Bilder eines Auftritts von Geistige Verunreinigung in Bonn 1992. Außerdem habe ich noch ein kurzes Live-Video von einem Auftritt 1993 in Neuwied gefunden das ich euch nicht vorenthalten möchte: Geistige Verunreinigung - Boykott
Der nächste Artikel wird wieder aus den Bonner Perspektiven #3 stammen und handelt über ein Konzert von Killerpralinen,  Die  Allierten, Slime  und am 01.05.1982 in der Wuppertaler "Börse".

Link zu Punk + Schreiben

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